Soldat der sechsten Armee, kurz vor der Einkesselung von Stalingrad verwundet und ausgeflogen. Später in einem russischen Kriegsgefangenenlager festgehalten.

Geza Bohaczek arbeitete in einer Tischlerei in Kärnten, als der Einberufungsbefehl kam. „Zu Hause in Lackenbach fand ich keine Arbeit.“ Zimmermann wollte er werden, doch die Lehre war nach zwei Jahren abrupt zu Ende. Bohaczek war gerade 17 Jahre alt, als er 1939 den Dienst für den Führer antrat.

Körperliche Arbeit war nicht die Stärke des zierlichen jungen Mannes, er wog nur 65 Kilogramm. Im Februar 1941 folgten die Einberufung zur Wehrmacht und die Ausbildung zum Meldereiter. Obwohl er zuvor nie auf einem Pferd gesessen war. „Dafür war ich mit meiner Statur perfekt geeignet.“

Geza Bohaczek war dabei, als Adolf Hitler am 22. Juni 1942 den Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion brach. Als Soldat der sechsten Armee. „Ho ruck, es geht nach Russland. Wir wussten, dass wir gewinnen.“

Der Angriff rollte. „Wenn es geregnet hat, war der Dreck unbeschreiblich.“ Dann schafften die Soldaten nur zehn Kilometer an einem Tag, an guten Tagen waren es 60. „Wir sind immer zu Fuß marschiert.“

Mit der sechsten Armee vor Stalingrad
September 1942. Der Monat, in dem Bohaczek schwer verwundet wurde und dadurch dem sicheren Tod entkam.

Als vorgeschobener Beobachter kundschaftete Geza Bohaczek Ziele für Granatwerfer aus, gab sie dann mit einem Funker an die Kameraden durch. „Bis zu 1000 Meter waren wir manchmal vor der Einheit“, erinnert er sich. „Wir schossen die Gegner aus den Löchern.“

Die Einheit rückte bis in unmittelbare Nähe von Stalingrad vor. „Obwohl wir schon merkten, es geht nicht so, wie wir wollten, glaubten wir immer noch an den Sieg.“ An die Stimmung während einer Radioansprache des Führers kann sich Bohaczek bis heute gut erinnern. „Das ganze Bataillon saß zusammen und hörte begeistert zu.“

Dann begann der Angriff zu stocken. „Wir saßen einige Wochen lang in unmittelbarer Nähe des Flusses Don auf einem Melonenfeld fest.“ Geza Bohaczek richtete sich in einem kleinen Bombenkrater ein Lager ein. Die sowjetischen Soldaten lagen am anderen Ufer des Don, nur knapp 200 Meter entfernt.

In der Dämmerung stand ein Kamerad wenige Meter von ihm entfernt auf und wollte seine Decke ausschütteln. Bohaczek erkannte die Gefahr und schrie: „Versteck dich, da sind Scharfschützen!“

‚Ping’.

Der Ton klang, als hätte jemand mit der Gabel auf Metall geklopft.

Der Bauch des Soldaten wurde durchschossen. „Er schrie furchtbar. Sein Glück war, dass seine Därme nicht zerrissen waren.“ Selbst in Lebensgefahr, leistete Geza Bohaczek erste Hilfe, der Kamerad überlebte.

Tief geduckt robbte er zurück. „Plötzlich spürte ich einen kurzen Schmerz, ein Brennen. Wie wenn dir ein schweres Buch auf den Fuß fällt.“ Erst im Bombenkrater sah Bohaczek die Wunde. Während er zurück gekrochen war, wurde sein Fuß durchschossen, von oben nach unten.

„Sind hier Österreicher?“, fragte ein bayerischer SS Soldat im Lazarett. Geza Bohaczek lag auf einer Pritsche, zeigte sofort auf und schrie: „Ja, ich bin Österreicher.“ „Schau, dass du die Maschine erwischt, damit du wegkommst“, erwiderte der Bayer.

Die Sitze in der JU 52 waren ausgebaut, Stroh in den Laderaum geworfen um Patienten auch liegend transportieren zu können. Die JU 52 war ein Prestigeflugzeug der Luftwaffe und erreichte 305 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Geza Bohaczek wurde im September 1942 ausgeflogen. „Ich hatte das Glück, schwer genug verwundet gewesen zu sein.“

Seine Einheit marschierte weiter und wurde nur sieben Wochen später eingekesselt. „Ich begriff bald, dass der sechsten Armee, meiner Armee, nicht zu helfen war. Wäre ich nicht ausgeflogen worden, wäre ich ebenfalls verloren gewesen.“

Festnahme und Kriegsgefangenschaft
Zwei Monate verbrachte Bohaczek nach seiner dritten schweren Kriegsverletzung im Lazarett. Zuvor hatte ihn eine Kugel ins Knie. Noch heute hat er Teile einer Granate, die nur wenige Meter neben ihm detoniert war in der Wade und im Schulterblatt.

Im Sommer 1943 wurde Bohaczek zurück nach Südrussland gebracht. „Da war es schon aus in Stalingrad.“ Der neue Kriegseinsatz sollte bald zu Ende sein.

„Ich habe gewusst, es geht nicht gut und habe mich von meinen Kameraden getrennt“, erinnert er sich an seine Festnahme in einem Weingarten in der Umgebung von Odessa am Schwarzen Meer. Eine Gruppe russischer Rotarmisten stellte ihn. Aus Angst vor der gefürchteten Kriegsgefangenschaft überlegte Bohaczek kurz, den Sprengsatz, den er in der Hosentasche mit sich trug, zu zünden.

Geza Bohaczek wurde im Lager II in Odessa interniert. Er arbeitete als Zimmermann. „Uns ist es verhältnismäßig nicht so schlecht gegangen. Die Russen hatten keine Handwerker. Man brauchte uns.“

In der Zwischenzeit kam eine Vermisstenanzeige von der Division zu Hause in Lackenbach an. Die Eltern hatten den Glauben und die Hoffnung aufgegeben, dass ihr Sohn jemals wieder nach Hause kommen würde.

30 Monate später steckte man ihn in eine deutsche Hose und eine ungarische Jacke, setzte ihm eine rumänische Kappe auf. Ein paar Tage später kam er am Bahnhof Wiener Neustadt an und marschierte zu Fuß Richtung Lackenbach. „Die Russen warben um internationale Sympathien“ vermutet Bohaczek.

Die Mutter bereitete gerade das Mittagessen vor. „Guten Tag.“ Die Mutter drehte sich nicht um. „Guten Tag.“ „Darf man nicht hier bleiben?“ Jetzt drehte sich die Mutter. „Ich dachte, sie fällt um“, erinnert sich Bohaczek, der sich kaum aus eigener Kraft auf den Beinen halten konnte.

Die Zeit nach 1945
Geza Bohaczek holte das fehlende dritte Jahr seiner Tischlerlehre nach und wurde trotz des Mittelfußdurchschusses ein guter Fußballer.

Nach 25 Dienstjahren beim Österreichischen Bundesheer trat Geza Bohaczek 1982 in den Ruhestand. Bundespräsident Kirchschläger verlieh ihm am 18. Mai 1981 das „Silberne Verdienstzeichen der Republik Österreich“.

„Wenn ich den Russen, der mir den Fuß durchgeschossen hat, heute treffen würde, ich würde mich bei ihm bedanken und ihn auf ein gutes Essen einladen. Er hat mir das Leben gerettet.“